Reizdarmsyndrom - auf dem Weg zur Volkskrankheit

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Das Reizdarm-Syndrom kann durch eine FODMAP-arme Ernährung verbessert werden

Für Volker W. ist ein Restaurantbesuch mit Freunden kein Grund zur Freude. Eigentlich ist ein gemeinsames Essen ein schöner Anlass, für den 45-jährigen bedeutet es Stress, denn wenn er sich entscheidet, etwas zu essen, kann es schmerzhaft werden. Volker W. leidet wie etwa ein Fünftel der Bevölkerung am Reizdarmsyndrom, einer Erkrankung, die nur schwer fassbar ist. „Ich bekomme nach dem Essen häufig Bauchkrämpfe und auch spontanen Durchfall, das ist besonders dann, wenn ich unterwegs bin, sehr unangenehm. Oft esse ich deshalb lieber gar nichts.“ Betroffene sind zumeist jahrelang von Arzt zu Arzt unterwegs, ohne dass sie eine richtige Diagnose erhalten. Das ist beim Reizdarmsyndrom nicht verwunderlich, denn mit herkömmlichen Mitteln, also bildgebenden Diagnostikinstrumenten wie Röntgen und MRT lässt sich nichts finden. Auch Blutuntersuchungen bleiben im Fall eines Reizdarmsyndroms ohne auffälligen Befund, weshalb die Betroffenen sehr schnell in eine „Psycho-Ecke“ gedrängt werden, in die sie wahrlich nicht gehören. Letztlich ist die Erkrankung vielfach das Resultat einer Reihe von Ausschlussdiagnosen. Wenn Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Zöliakie oder Laktoseintoleranz ausscheiden, bleibt die Diagnose Reizdarmsyndrom übrig.

Was ist denn nun ein Reizdarm-Syndrom (RDS)?

Mittlerweile setzt sich die Erkenntnis durch, dass bei gut einem Drittel aller Erkrankten durchaus eine organische Ursache für die Beschwerden vorliegt. Schnell taucht im Zusammenhang mit RDS eine weitere Abkürzung auf, nämlich die der FODMAP. Hinter diesen Buchstaben verbergen sich vergärbare Mehrfach-, Zweifach-, Einfachzucker und mehrwertige Alkohole (fermentable oligo-,di-, monosaccharides and polyols). Es sind Kohlenhydrate und Fruchtzuckeralkohole, die in sehr vielen Nahrungsmitteln vorkommen, die unser Dünndarm aber nur schlecht resorbieren kann. Auch Süßungsmittel wie Sorbit und Mannit gehören zu den Stoffen, die Probleme auslösen. Bei an RDS erkrankten Personen gelangen diese Stoffe in den Dickdarm, ohne dass sie vorher im Dünndarm resorbiert worden wären. Vor Ort angelangt, beginnen die Darmbakterien, auch die unter FODMAP zusammengefassten Stoffe zu vergären, was zu schmerzhaften Blähungen, Krämpfen und Durchfall führen kann. Bei einem weiteren Drittel der Patienten ist tatsächlich die Psyche Auslöser der Beschwerden. Wer den Körper ganzheitlich betrachtet weiß, dass man einzelne Organe nicht isoliert betrachten kann und dass sich Probleme in einem Bereich des Körpers durchaus auf andere Teile auswirken können. Trauer, Stress und Ärger sind als Auslöser von Magen-Darm-Problemen schon lange bekannt, im Volksmund beschreibt man das als „auf den Magen schlagen“ und an solchen alten Umschreibungen ist häufig mehr dran als man denkt. Eine dritte Gruppe von Betroffenen erlebt das RDS als Folge einer überstandenen, aber chronifizierten, infektiösen Durchfallerkrankung.

Was tun, wenn man am RDS erkrankt ist?

Der tröstliche Vorteil an einer Erkrankung, die viele Menschen betrifft, ist die Aufmerksamkeit, die sie im wissenschaftlichen Bereich erhält. Forscher befassen sich schon seit Jahren mit dem RDS und sind dabei auf die bereits eben beschriebenen Stoffe gestoßen. Logische Konsequenz der Erkenntnis, dass die Aufnahme von Nahrungsmitteln, die viele FODMAPs enthalten, zu vermeiden ist. Eine zunächst sechs Wochen durchzuführende Karenz, also komplette Vermeidung von Nahrung aus der FODMAP Gruppe bringt bei vielen Erkrankten eine deutliche Verbesserung der Symptome. Nachdem dies erreicht ist, kann man beginnen, einzelne Nahrungsmittel schrittweise zum Speiseplan wieder hinzuzufügen. Dabei ist genau darauf zu achten, welche Stoffe jeweils addiert werden, um reagieren zu können, wenn einer davon wieder Beschwerden auslöst. Eine solche Vorgehensweise ist mit ärztlicher Begleitung sinnvoll. Für diejenigen, bei denen psychische Faktoren ausschlaggebend für die Symptomatik sind, bieten sich Entspannungstechniken, Yoga, Tai-Chi und autogenes Training an, um damit die tägliche Routine zu erweitern und den Auslösern der Beschwerden vorzubeugen.

Wer eine Zeitlang auf Produkte mit hohem FODMAP Anteil verzichten möchte, kann sich an der folgenden Liste grob orientieren. Bevor Sie Ihre Ernährung umstellen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt.

https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/ernaehrungsformen/fodmap-diaet-weniger-fodmap-lebensmittel-bei-reizdarm/