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Foto: Petra Dettmer
Der Milchaufschäumer rührt sich nicht mehr. Früher hätte man ihn einfach weggeworfen – heute kommt er ins Repair-Café. In einem Labor der Hochschule, in einem großen Raum voller Werkzeug, Schraubenzieher, Lötkolben und helfender Hände treffen sich einmal im Monat versierte Tüftler, die mehr als nur defekte Geräte reparieren wollen. Sie retten Ressourcen und teilen Wissen.
Das Repair-Café an der Hochschule Koblenz auf der Karthause ist einer von mittlerweile über 1.200 ehrenamtlichen Treffpunkten dieser Art in Deutschland. Hier wird gelötet, geschraubt und repariert, was andernorts längst als „kaputt“ gilt: Waffeleisen, CD-Player aus den 90ern, E-Scooter, Staubsauger, Kaffeemaschinen – nichts ist zu alt oder zu klein.
„Man kann zehn Mal reparieren, aber nur einmal wegwerfen“, sagt Prof. Dr. Johannes Stolz. Stolz ist Professor im Fachbereich Ingenieurwesen. In seiner Freizeit leitet er mit Begeisterung das Repair-Café, das jeden ersten Donnerstag im Monat öffnet. Rund 25 Reparateure zwischen 22 und 86 Jahren arbeiten hier nach dem Prinzip „LÜGE“ – Lernen Über Generationen.
Mit dabei ist zum Beispiel Studentin Wibke (22), „Ich studiere Maschinenbau und bin seit zwei Jahren dabei.“ In ihrem Studium sind ihr zu wenig Elektrotechnikmodule. „Hier kann ich helfen und extrem viel lernen.“ Elektroingenieur Holger ist erst seit einem Jahr dabei. Er sucht gerade mit Schaltplänen aus dem Internet nach dem Fehler in einem Radiorecorder. Johannes ist Feinmechaniker im Ruhestand und leidenschaftlicher Funkamateur. „Ich will meine beruflichen Kenntnisse nicht brachliegen lassen.“ Sein Spezialgebiet: Nähmaschinen. Obwohl er noch nie selbst eine benutzt hat, erklärt er geduldig, wie eine falsch eingestellte Nähmaschine richtig funktioniert.
Und manchmal ist selber machen, lehrreicher als zugucken. „Wenn Eltern ihre Kinder mitbringen, dürfen die auch gerne mal selbst zum Lötkolben greifen, die Kondensatoren austauschen oder den Toaster ausblasen“, ermutigt Stolz.
Oft sind es nur Kleinigkeiten, die ein Gerät unbrauchbar machen: eine 20-Cent-Diode im Milchaufschäumer, eine ausgelaufene Batterie oder verdreckte Boxen in beutellosen Staubsauger. „Die wurden einfach nie richtig gepflegt“, sagt Stolz. „Dasselbe gilt für Kaffeevollautomaten. Wenn man die regelmäßig reinigt und entkalkt, halten die locker 20 Jahre – mit dem gleichen Dichtungssatz.“
In vielen Fällen lohnt sich die Reparatur finanziell. „Wir bekamen einen defekten E-Scooter, Neupreis 1.200 Euro. Der Akku war kaputt, Kostenpunkt 60 Euro. Das sollte man investieren. Ersatzteile lohnen sich oft, solange sie maximal ein Drittel des Neupreises ausmachen“, sagt Stolz. „Das ist die Faustregel im Team.“
Die Erfolgsquote kann sich sehen lassen: Rund 90 Prozent der mitgebrachten Geräte funktionieren nach dem Besuch im Repair-Café wieder. Alles wird natürlich getestet. „Eine Carrerabahn hatten wir besonders gut getestet“, sagt Stolz mit einem Schmunzeln. Manche Geräte, wie moderne Fernseher, Zahnbürsten oder Tintenstrahldrucker, sind allerdings konstruktionsbedingt kaum noch reparierbar – zu kurze Entwicklungszyklen, zu viel verklebte Technik. „Viele Artikel, die auf dem Wertstoffhof in der Spendenbox landen, reparieren wir auch und geben sie dem Bürgerzentrum in Lützel“, ist Stolz noch wichtig zu erzählen. „Dort sind besonders Küchengeräte gefragt. Ein anderer Teil geht an die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte in Wittlich, die besonders über Nähmaschinen und Radios dankbar sind.“
Bei jeder Sitzung wird klar: Nachhaltigkeit beginnt im Kleinen – mit einem Schraubenzieher, ein bisschen Geduld und der Bereitschaft, nicht alles gleich aufzugeben. Petra Dettmer