Nachhaltige Energiewende in Rheinland-Pfalz

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Photovoltaikanlage umgeben von Windrädern

Experten der Energieagentur RLP unterstützen Kommunen und deren Bürger

Die Energieagentur Rheinland-Pfalz (EARLP) mit Sitz in Kaiserslautern ist ein kompetenter Dienstleister und unterstützt Kommunen und ihre Bürger bei der Umsetzung von Aktivitäten zur Energiewende und zum Klimaschutz. Drei ihrer Experten standen für ein informatives Interview bereit.


Ute Zimmermann, Referentin für Erneuerbare Energien (EE), stellt ihren Aufgabenbereich vor.

Frau Zimmermann, was versteht man unter EE?
„Unter erneuerbarer Energie verstehen sich die Energieträger wie Solar- und Windenergie, Biomasse, Geothermie sowie Wasserkraft. Sie steht, im Gegensatz zur fossilen Energie, nahezu unendlich zur Verfügung oder kann – wie im Fall der Bioenergie – in kürzerer Zeit wieder nachwachsen.“

Was kann der Einzelne zur Energiewende beitragen?
„Es gibt viele Bausteine, um Ressourcen zu schonen. Auf alle Fälle gehört das Einsparen des eigenen Energieverbrauchs dazu. Welche Produkte verwende ich? Wo werden sie hergestellt? Welchen ökologischen Fußabdruck hinterlasse ich?“ Zudem könne man Strom selber erzeugen, etwa mit einer PV-Dachanlage oder einem Balkonkraftwerk. Auch durch Bürgerenergiegenossenschaften ließe sich etwas tun, wird regionale Wertschöpfung erzielt."

Wie sieht es mit Photovoltaik (PV) in Rheinland-Pfalz aus?
„Die mittlerweile ausgelaufene Förderung der Speichertechnologie war sehr erfolgreich, was sich auch in den gestiegenen Zubauraten im Dachflächensegment zeigt. Die Landesregierung hat das Ziel, bis 2030 den Stromverbrauch in RLP um 100 Prozent aus EE zu decken. Dazu hat sie bei der PV das Netto-Ausbauziel von jährlich 500 Megawatt ausgegeben.“

Was ist die PV-Ready-Pflicht?
„In RLP gilt seit dem 1. Januar 2023 eine PV-Pflicht für gewerblich genutzte Neubauten mit mehr als 100 Quadratmetern Nutzfläche und neue gewerblich genutzte Parkplatzflächen ab 50 Stellplätze. Das Solarpaket enthält für alle Neubauten, auch Wohngebäude und bei umfangreichen Dachsanierungen diese Pflicht, das heißt die Grundlage zur Solarstromerzeugung muss sichergestellt werden. Kommunale Liegenschaften nehmen mit der verpflichtenden Umsetzung eine Vorbildfunktion ein.“

Eine wichtige Säule der Klimaschutzoffensive ist der KKP. Hier werden im ersten Jahr 50 Kommunen durch u.a. die Energieagentur zur Energiewende/Klimaschutz beraten und begleitet. Das Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation KIPKI beinhaltet die finanzielle Förderung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in rheinland-pfälzischen Kommunen.

Windenergie
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr mit der Windenergie-an-Land-Strategie mit der Flächenbereitstellung und schnelleren Genehmigungsverfahren die Grundlage für einen schnelleren Ausbau der Windenergie gelegt. Zudem sieht das EEG eine finanzielle Beteiligung der Kommunen an EE-Projekten vor, um die Akzeptanz vor Ort zu stärken.

„Um auch bei der Windenergie die Zielsetzung mit den 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu generieren, gibt es verschiedene Maßnahmen, beispielsweise die Verringerung der Abstände bei Siedlungen auf 900 Meter und beim ‚Repowering‘ um 10 Prozent reduzierte Abstände (750 Meter). Zudem entwickelt das Land ein eigenes Gesetz, um die Zielsetzung aus dem Wind-an-Land-Gesetz auf Landesebene zu gestalten“, sagt Ute Zimmermann und fügt hinzu, dass Wind DER Leistungsträger sei und Solarenergie die erforderliche Ergänzung, denn Wind und Sonne seien fluktuierende Energiequellen.


Ihr Kollege Paul Ngahan ist beredter Experte für Wärme und Leiter des Kompetenzzentrums Nahwärme. Der Diplom-Ingenieur (FH) erklärt: „Der Begriff Wärmewende bezeichnet die Transformation der derzeit fossil dominierten Wärmeversorgung hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2040.“ Mehr als 70 Prozent der Wärmeversorgung seien aktuell von Erdgas und Erdöl beherrscht, der Anteil der Erneuerbaren Energien liege erst bei knapp 15 Prozent. Wärme mache mehr als 50 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs aus und wird vielfältig eingesetzt: als Raumwärme, für Warmwasser und Prozesswärme oder zur Kälteerzeugung.

Ansätze sieht Ngahan auch bei den Menschen bzw. ihren Häusern. Am besten sei es, das komplette Haus zu sanieren, nicht nur den Fokus auf eine neue Heizung zu legen, sondern beispielsweise auch die Dämmung oder den Austausch von Fenstern. Um die Klimaziele zu erreichen, ist es nötig, die Wärmeversorgung umzugestalten. Nachhaltig und klimaneutral. Das kann gelingen mit dem Umstieg aufs Heizen mit EE, Senkung der CO2-Emissionen, Wärmeinfrastruktur und Verbindung der Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie des Mobilitätssektors (Sektorenkopplung). Der Großteil des Wärmebedarfs wird in Einzelanlagen erzeugt. Zusammenhängende Wärmeverbünde können eine attraktive Alternative darstellen.

Was ist die kommunale Wärmeplanung (KWP)?
„KWP ist das zentrale Koordinierungsinstrument, ein Fahrplan der Kommune, um den Wärmesektor klimaneutral zu gestalten und maßgeblich zur Versorgungssicherheit und Importunabhängigkeit von fossilen Energieträgern beizutragen“, meint Paul Ngahan. Es ist ein langfristiger, strategisch angelegter Prozess mit dem Ziel einer weitgehend klimaneutralen Wärmeversorgung und -nutzung bis 2040 – und damit fünf Jahre früher als in Deutschland – für alle Kommunen in Rheinland-Pfalz.


Pia Schlößl, Referentin für Klimagerechte Bauleitplanung, erläutert die Aufgaben und Ziele in ihrem Ressort: „Die Bauleitplanung als wichtiges Instrument der städtebaulichen Entwicklung unterteilt sich in den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan. Ersterer beschäftigt sich mit einer grobmaschigen grafischen Plandarstellung, indem für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen dargestellt wird. Er ist für die Bürger nicht rechtsverbindlich, der Bebauungsplan hingegen schon. Dieser legt die Art und Weise der baulichen Nutzung fest, also wie die mögliche Bebauung von genau definierten Grundstücken aussehen kann.“

Bei beiden haben die Bürger Mitspracherecht. Die Regelungen unterliegen dem Baugesetzbuch. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist im Amtsblatt bekannt zu machen und so für jeden Bürger zugänglich. Die Vorteile klimagerechter Bauleitplanung liegen darin, dass aktuelle Themen aufgegriffen werden und so die städtebauliche Entwicklung der nächsten Jahrzehnte gesteuert werden kann.
Ein Praxisbeispiel aus der Region: das Neubaugebiet „Am Sonnenbach“ in der Stadt Selters (Westerwald).

Von Doris Kohlhas
Fotos: Ute Zimmermann/Paul Ngahan/Pia Schlößl
Foto: Energieagentur Rheinland-Pfalz