„Mein Dorf in der Tasche“

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„Mein Dorf in der Tasche“

Foto: Jennifer Braun

Wie Betzdorf-Gebhardshain digitale Wege geht – und dabei Nähe schafft

Was wie ein technisches Experiment begann, ist heute ein Erfolgsmodell für den ländlichen Raum: Die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain ist nicht nur Vorreiterin im Netzwerk „Digitale Dörfer Rheinland-Pfalz“, sondern eine echte Ideengeberin für nachhaltige Kommunikation und Bürgerservice auf dem Land.

Seit 2015 tüfteln – und entwickeln sie weiter – Menschen wie Sarah Brühl und Sascha Hensel an Lösungen, die das Leben in der Region einfacher, moderner – und menschlich vernetzter machen. „Digitalisierung zum Anfassen“ nennen sie das, was in der Verbandsgemeinde inzwischen zum Alltag gehört. Die App „Stadt.Land.Funk“ etwa bringt nicht nur Nachrichten aufs Smartphone, sondern auch Nachbarschaftshilfe und spontane Chats – ganz datenschutzkonform und lokal verankert. Wer etwas sucht, bietet oder einfach plaudern möchte, findet hier sein digitales Gegenüber. Und mit dem Kanal „Sag’s uns“ können Bürgerinnen und Bürger unkompliziert Mängel melden oder Anliegen loswerden – mitsamt Rückmeldung, versteht sich.

Doch es geht längst nicht mehr nur um Kommunikation. Das im Februar 2025 eingeführte Terminbuchungssystem FrontDesk zeigt, wie auch der klassische Bürgerservice profitieren kann: Termine im Bürgerbüro lassen sich nun online oder direkt vor Ort buchen – schnell, bequem, transparent. Das spart Zeit, entlastet Mitarbeitende und schafft Freiraum für Beratung, die persönlicher sein darf. Gleichzeitig werden Ressourcen geschont: weniger Papier, weniger Wege, weniger Bürokratie.

Die Resonanz auf diese Entwicklungen war so positiv, dass aus der ursprünglichen Modellregion längst ein wachsendes Netzwerk geworden ist: Über 60 Kommunen aus Rheinland-Pfalz sind inzwischen Teil des Netzwerkes „Digitalen Dörfer Rheinland-Pfalz“, die sich regelmäßig austauschen, voneinander lernen und gemeinsam weiterentwickeln. Eine eigene Plattform fördert diesen interkommunalen Dialog – rund 280 Mitglieder sind aktuell aktiv. Die Landesregierung unterstützt das Projekt in den Jahren 2025 und 2026 mit weiteren 730.000 Euro.

Ein besonderer Fokus liegt nun auf Pilotprojekten, die Verwaltungsprozesse verschlanken und bürokratische Hürden abbauen sollen – wissenschaftlich begleitet, praxisnah umgesetzt. Dabei bleibt Betzdorf-Gebhardshain ein zentraler Knotenpunkt: „Wir sind der Ankerpunkt, der sehr vieles organisiert“, sagt Sarah Brühl. Gemeinsam mit Göllheim (Donnersbergkreis) und Otterbach-Otterberg (Landkreis Kaiserslautern) bildet die Verbandsgemeinde das koordinierende Herz des Netzwerks.

Wie nachhaltig dieser Weg ist, zeigt nicht nur die rege Nutzung der App in der Corona-Zeit, sondern auch die Dynamik in Schulen und Vereinen. So wurde beispielsweise der 3D-Drucker in der Betzdorfer Verwaltung zur Leihstation für Bildungseinrichtungen. Die Westerwaldschule Gebhardshain beispielsweise hat sich daraufhin ein eigenes Gerät angeschafft.

Digitalisierung, das zeigt sich hier, ist kein abstrakter Begriff, sondern gelebte Alltagshilfe. Sie bringt Menschen zusammen, wo Entfernungen trennen. Sie erleichtert, was oft umständlich war. Und sie stärkt Regionen, die sich nicht im Schatten der Städte verstecken wollen. Nachhaltigkeit beginnt nicht immer auf dem Acker oder im Windpark – manchmal steckt sie im System, das unmerklich besser wird. Doris Kohlhas

Wer mehr über das Netzwerk „Digitale Dörfer Rheinland-Pfalz“ erfahren möchte, findet Informationen unter: www.digitaledoerfer-vernetzt.de, Ansprechpartnerin: Sarah Brühl, Verbandsgemeindeverwaltung Betzdorf-Gebhardshain, Tel. 02741 291-125.