2 min lesen.
Foto: Rainer Claaßen
Trotz überwältigender wissenschaftlicher Beweise für den menschengemachten Klimawandel gibt es Menschen, die diesen bezweifeln. Selbst die geben aber zu, dass die Temperaturen dauerhaft steigen. Was zunächst paradox wirkt: Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen – und das führt zu heftigeren Regenfällen. Gleichzeitig kann ausgetrockneter Boden Wasser schlechter aufnehmen. Die Folge: Die Gefahr von Überschwemmungen wächst. Gerade in unserer Region sitzt der Schock über die katastrophale Flut im Ahrtal noch tief.
Eine wirksame Gegenmaßnahme gegen die Überflutungsgefahr durch Starkregen sind sogenannte Schwammlandschaften. Sie speichern große Wassermengen und geben diese nur langsam wieder ab. Naturbelassene Täler in Mittelgebirgen übernehmen diese Funktion oft von selbst – doch solche Landschaften werden immer seltener.
Im Westerwald soll sich das ändern: Im Tal des Holzbachs entstehen in den kommenden Jahren mit Unterstützung eines Bundesförderprogramms gezielt neue Schwammlandschaften. Sie dienen nicht nur dem Hochwasserschutz, sondern werten auch das Landschaftsbild auf und fördern die Biodiversität. Viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten sollen hier wieder einen Lebensraum finden.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz stellt 1,36 Millionen Euro bereit. Der Landkreis Neuwied beteiligt sich mit rund 136.000 Euro Eigenanteil. Geplant sind Maßnahmen auf 400 Einzelflächen – zusammen etwa so groß wie 90 Fußballfelder. Die Flächen liegen gezielt vor Ortslagen, um einen bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.
Das Projektgebiet erstreckt sich über 28 Kilometer entlang des Holzbachs auf den Gebieten der Verbandsgemeinden Dierdorf und Puderbach. Bis zum Abschluss im Jahr 2029 sollen unter anderem folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
- Aufhebung von Verrohrungen
- Entwicklung von Feucht- und Nasswiesen
- Anpflanzung von Auen- und Galeriewäldern
- Wiederherstellung von Sumpfquellen
- Entsiegelung bisher versiegelter Flächen
In der Region, die zu wesentlichen Teilen landwirtschaftlich genutzt wird, ist es besonders wichtig, Landwirte von Anfang an in die Projektplanung einzubeziehen. Flächen mit hoher Bedeutung für die Nahrungsmittelproduktion sollen erhalten bleiben. Spezielle Geräte ermöglichen es, auch zukünftig in Feuchtgebieten zu mähen. Die Landwirte profitieren – wie auch die Anwohner – von der Maßnahme: Wird ein Bach verbreitert, steigt dadurch auch der Grundwasserspiegel. Das bringt in Zeiten langer Trockenperioden Vorteile mit sich. In den vergangenen Jahren musste die Verbandsgemeinde Puderbach in den Sommermonaten wiederholt zum Wassersparen aufrufen.
Neben dem Hochwasserschutz leisten Schwammlandschaften auch einen Beitrag zum Klimaschutz. Durch den Aufbau von Humus wird Kohlendioxid langfristig gebunden. Außerdem sind ein Lernbereich und ein Erlebnispfad geplant, um die Bedeutung dieser Landschaftsform für Besucher erlebbar zu machen. Die Planungen hierzu stehen allerdings noch am Anfang. Die Kreisverwaltung hat die Stelle eines Projektmanagers ausgeschrieben, der an der Konkretisierung der Planung wie an der Umsetzung beteiligt sein soll.
„Mit diesem Projekt stellen wir entscheidende Weichen für Überschwemmungs- und Klimaschutz“, sagt Janine Sieben, Klimaschutzmanagerin des Kreises Neuwied. „Ich hoffe, dass dies nur der Auftakt ist, und wir perspektivisch noch weitere Flächen im Kreis nachhaltig umgestalten können.“ Rainer Claaßen