Gibt es einen Weg aus dem Plastikwahn? Konsum-Expertin Viola Wohlgemuth von Greenpeace im Gespräch

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Eine lächelnde junge Frau bei Ihrer Arbeit

„Plastik ist ein relativ neuer Stoff. Ein Kunststoff, ein künstlicher im wahrsten Sinne des Wortes. Er wird nicht abgebaut. Es existiert kein Ort, wo es ihn nicht gibt. Sei es im Blut, in unserem Gehirn oder den tiefsten Gründen der Meere, im Himalaya, der Arktis. Überall. Das ist das große Problem. Plastik bleibt und zerrreibt höchstens zu Nano- oder Mikroplastik“, sagt Konsum-Expertin Viola Wohlgemuth von Greenpeace. „Die Hälfte allen Plastiks ist erst ab 2000 produziert. In den nächsten 30 Jahren soll es sich noch mal verdoppeln. Jede Woche nehmen wir 5 Gramm Plastik zu uns, das entspricht einer Kreditkarte. Über das Essen, Trinken, die Luft. Bislang gibt es noch keine gesicherten Studien, weil ja auch die Vergleichsgruppe fehlt. Es ist aber davon auszugehen, dass es irgendeine Wirkung auf unseren Körper hat, wie alle Stoffe, die sich dort ablagern.“

Bild von Viola Wohlgemuth
95 Prozent allen Plastiks besteht aus den fossilen Rohstoffen Öl und Gas. Alleine in Deutschland gehen 25 Prozent allen Gases in die Plastikproduktion. Ein Großteil davon ist Einwegplastik. In unserem Land wandern täglich 770 Tonnen aus dem To Go-Lebensmittelbereich in den Müll.

„Das UNEA Plastic Treaty, das dritte Umweltabkommen mit dringend benötigten Reduktionszielen für die Neuproduktion von Plastik, wird gerade verhandelt. Bildlich gesprochen: Wenn die Badewanne überläuft, komme ich auch nicht mit dem Wischmopp, sondern muss zuerst den Wasserhahn zudrehen. Wir müssen das Große und Ganze, und vor allem die Politik ändern, weil wir als Einzelne gar nicht so viel verändern können“, so Viola Wohlgemuth weiter. „Wir sind alle Teil des Problems. Aber so können wir auch alle Teil der Lösung sein. Indem wir rigoros bei jeder Kaufentscheidung im Alltag überlegen, geht das auch mit weniger Verpackung? Ein möglicher Ansatz sind die Unverpackt-Läden.“

Das neue Verpackungsgesetz verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe, eine Mehrwegalternative für jedes Einweg To Go anzubieten. „Das sollten wir alle im Laden einfordern. Trendsetter für die Natur werden – das ist der beste Umweltschutz. Und darüber reden. Alte Gewohnheiten mal abschütteln und bewusst einkaufen und darauf achten.
Richtige Mülltrennung. Wenn wir es nicht in den richtigen Mülleimer werfen, kann es auch nicht ordentlich recycelt werden. Ohne uns geht es nicht“, erklärt Wohlgemuth.

„Meine Forderung an die Politik: ‚ein einheitliches Mehrwegsystem‘. Im Moment zerstören wir Ressourcen. Das werden wir uns nicht mehr lange leisten können. Einweg hat keine Zukunft mehr und je schneller wir das implementieren, umso weniger chaotische Zustände werden wir bekommen. In Deutschland gibt es die besten Voraussetzungen für die Umsetzung. Wir haben die Chance und damit auch die Verantwortung.“

Von Doris Kohlhas
Foto: GP0STVGS0_PGPressMedia.
Foto: Gesche Jäger / Greenpeace