Plastik raus, Bewusstsein rein

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Plastik raus, Bewusstsein rein

Foto: Clean River Project e. V.

Das Clean River Project im Einsatz für unsere Gewässer

Plastikflaschen, alte Reifen und jede Menge Kleinteile: Was an den Ufern deutscher Flüsse liegt, zeigt eindrücklich, wie groß das Problem von Umweltverschmutzung noch immer ist. Das „Clean River Project“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Missstände sichtbar zu machen und aktiv zu beseitigen. Mit Kunstaktionen, Aufklärungskampagnen und gemeinsamen Sammelaktionen will die Initiative nicht nur Müll aus den Gewässern holen, sondern auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit stärken. Denn saubere Flüsse sind nicht nur wichtig für die Natur, sondern auch für unser aller Zukunft.

Alles begann mit einem neuen Hobby. Fotodesigner Stephan Horch hat 2012 beim Postsportverein in Koblenz mit dem Kajakfahren angefangen. Und schon gleich bei einem seiner ersten Ausflüge zur Rheinlache hat er einen alten Fußball im Wasser gefunden, ihn rausgefischt und entsorgt. Es vergeht kaum eine Tour, bei der er nichts findet. Langsam kennt er ganz genau die Stellen, wo sich der Müll durch die Strömung ansammelt. Horch ist entsetzt, wie viel Müll sich in der Natur, insbesondere im und am Wasser befindet. Er erzählt jedem davon, der ihm über den Weg läuft, postet Fotos bei Facebook, „aber es interessierte keinen“, sagt Horch enttäuscht.

Dann fängt er an, den Müll so zu arrangieren, dass er „schön“ aussieht – wie ein Kunstwerk. Und plötzlich reagieren die Menschen, er bekommt Zuspruch, die Aufmerksamkeit für das Thema ist geweckt. Horch startet seine erste Clean River Tour. Er paddelt von Winningen bis zur Nordsee, sammelt Müll und sensibilisiert für das Thema. Mit dem gesammelten Müll macht er wieder eindrucksvolle Bilder, die an fünf Orten entlang der Strecke in einer Ausstellung zu sehen waren. Finanziert wurde alles durch eine Crowdfunding-Aktion.

Nun konnte sich Horch vor Anfragen kaum noch retten. Jeder wollte plötzlich mit ihm zusammen paddeln und Müll sammeln. 2016 sucht er Gleichgesinnte und gründet den Verein „Clean River Project“. Die Mission: „Mit Begeisterung für nachhaltiges Handeln inspirieren wir Menschen, Teil der Lösung zu sein. Gemeinsam befreien wir mit Herz und Hand unsere Gewässer von Plastik und anderem Müll. Daraus entsteht Kunst, die Bewusstsein schafft – für einen achtsamen Umgang mit unserer Natur“, so Horch.

Mittlerweile sammelt der Verein jährlich zwischen 50.000 und 75.000 Liter Müll. Gesammelt wird bei öffentlichen CleanUps. Gemeinsam mit Freiwilligen werden Flussabschnitte oder andere Gewässer im Kanu und zu Fuß vom Müll befreit. Es gibt aber auch Firmen, die als Teambuildingmaßnahme oder im Rahmen ihres Sozialtages mit Müllsäcken unterwegs sind, um die Gewässer vor ihrer Haustür sauber zu erhalten. „Besonders viel liegt uns an unseren Bildungsprojekten mit Kindern“, betont Stefan Horch. „Wir gehen in Schulen, sammeln gemeinsam mit den Kindern Müll, basteln anschließend Kunstwerke aus dem Müll und erarbeiten Lösungsansätze zur Müllvermeidung. Das macht enorm viel Spaß, weil die Kinder so offen sind.“

Doch wohin mit dem ganzen gesammelten Müll? Ein Teil des Mülls wird von den jungen „Recycling Roadies“ sortiert, gewaschen, geschreddert, geschmolzen und in der Recyclingwerkstatt zum Beispiel in neue Designerlampen umgewandelt. Für dieses Projekt hat der Verein letztes Jahr sogar den größten Förderpreis Deutschlands für Engagement im Kinder- und Jugendbereich, den LupoLeo Award, bekommen. 

Andere Teile werden zu Collagen oder Kunstwerken verarbeitet. Doch das Gros bleibt Müll. Und die Entsorgung ist nicht immer einfach. Das findet auch Stephan Horch schade. „Wenn wir in Berlin Müll sammeln, brauchen wir nur die Berliner Stadtreinigungsbetriebe zu informieren. Die stellen sofort einen kostenfreien Container in die Nähe des Sammelortes, in den wir den Müll entsorgen können. Hier in der Gegend ist es schon komplizierter. Der Abfallzweckverband Rhein-Mosel-Eifel stellt nur einmal jährlich Kommunen oder Vereinen im Rahmen der Aktion „Saubere Landschaft“ kostenlos einen Container zur Verfügung.“ Petra Dettmer