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„Not macht erfinderisch“ – ein Satz, der Menschen in dramatischen Notlagen sicher kaum Trost spenden wird. Dennoch: Oft werden wichtige, innovative Lösungen gefunden, wenn ein „Weiter wie bisher“ schlicht nicht umsetzbar ist. Das gilt auch für die Flutkatastrophe an der Ahr. Dabei sind unter anderem Unmengen an Abfall angefallen. Wesentliche Teile davon wurden nicht einfach entsorgt, sondern zum Wiederaufbau und zur Neugestaltung verwendet.
Etwa 400.000 Tonnen Boden und Bauschutt musste der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Ahrweiler AöR (AWB) in Folge der Flut behandeln und nach Möglichkeit verwerten – eine gewaltige Menge. Grundsätzlich sind solche, von Fachleuten als „Mineralische Abfälle“ bezeichneten Stoffe für das Recycling prädestiniert. Sie lassen sich oft durch Aufbereitung zu neuen Baustoffen veredeln. Etwa 340.000 Tonnen Böden und 60.000 Tonnen Bauschutt wurden in Zwischenlagern im Ahrtal und am Abfallwirtschaftszentrum „Auf dem Scheid“ in Niederzissen aufbereitet und überwiegend in technischen Bauwerken verwertet. Viel Material konnte direkt nach der Flut zur temporären Sicherung genutzt werden. Auch Verkehrsflächen wurden daraus geschaffen.
Bei langfristigen Lösungen ergeben sich aber auch Probleme: „Die größte Herausforderung in der Verwertung mineralischer Abfälle aus Überschwemmungsbereichen ist die Separierung von Störstoffen, wie Kunststoff, Holz, Metall oder ähnliches. Befinden sich neben Schadstoffen derartige Störstoffe in der Mineralik, ist eine Verwertung in der Regel ausgeschlossen, und eine kostenintensive Beseitigung auf Deponien unumgänglich“, erklärt Stefan Embacher, der bei der AWB für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
2022 gründete der Landkreis – finanziert mit Landesmitteln – die Clusterinitiative „Boden und Bauschutt Landkreis Ahrweiler“. Sie soll die nachhaltige Nutzung und Entsorgung von Boden- und Bauschuttmaterialien in der Region fördern. Dafür vernetzt sie lokale Akteure wie Unternehmen, Kommunen und Fachleute, um gemeinsam Lösungen für ein effektives und umweltfreundliches Management von Bau- und Abbruchabfällen zu entwickeln.
Daraus resultieren bereits mehrere gelungene Projekte:
Flüssigbodenanlagen in Bad Neuenahr-Ahrweiler: Das Unternehmen Schmickler errichtete 2024 eine Flüssigbodenanlage. Darin werden Aushubmassen aus Tiefbaumaßnahmen der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler aufbereitet und etwa im innerstädtischen Kanalbau wiederverwendet – eine innovative und nachhaltige Bauverfahrenstechnik.
Eine weitere Anlage der Firma RPBL soll das Angebot in der Region schon bald ergänzen.
Verwertung von Ahr-Kies aus der Gewässerwiederherstellung: Aushubmaterial aus der Gewässerwiederherstellung der Ahr wird kontinuierlich untersucht, aufbereitet und – wenn möglich – im technischen Hochwasserschutz genutzt. In den kommenden Jahren rechnet die AWB hier mit einer Größenordnung von über 1 Millionen Kubikmeter.
Vermittlung von 9.000 Kubikmeter Material an die Deutsche Bahn: Im August 2024 vermittelte die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler Material aus der Gewässerwiederherstellung an die Deutsche Bahn. Es wurde für den Wiederaufbau einer Bahntrasse eingesetzt. Perspektivisch wird hier eine Größenordnung von über 100.000 Kubikmeter standfestem Gesteinsmaterial benötigt, das überwiegend im Ahrtal zurückgewonnen wird.