Der steinige Weg zum Fördergeld

Oktober 31, 2025 6 min lesen.

Der steinige Weg zum Fördergeld

Wenn Unternehmen in Deutschland Fördermittel für eine Investition beantragen möchten, finden sie sich oft nicht zurecht. Vielen ist nicht bekannt, welche Förderinstrumente bestehen und wie die Anträge gestellt werden müssen.

Foto: Phimwilai/stock.adobe.com

Subventionen
Investitionen gelten als Motor der Wirtschaft – doch wer in Deutschland Fördermittel für Forschung, Entwicklung oder Investitionen beantragen will, steht häufig vor einem Berg an Formularen, Nachweisen und Regularien. Werden damit Innovationen schon vor der Umsetzung ausgebremst?

Betriebe klagen, dass die Beantragung von Fördermitteln mit zu hohen Hürden verbunden ist. Komplexe Programme, unterschiedliche Zuständigkeiten und ein hoher bürokratischer Aufwand sorgen dafür, dass gute Ideen manchmal gar nicht erst ausgeführt werden. Auf die Frage, ob es einfach sei, staatliche Fördermittel zu beantragen, antworten viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit einem klaren „nein“. Fördergeber halten dagegen: Die Verfahren seien notwendig und nachvollziehbar, um Steuergelder korrekt zu vergeben. In Rheinland-Pfalz werden die Fördergelder von der Investitions- und Strukturbank (ISB) sowie vom Wirtschaftsministerium verwaltet. Viele Stellen im Land wie die Industrie- und Handelskammern, die Innovationsagentur Agentur Rheinland-Pfalz, die Handwerkskammern, oder die Landwirtschaftskammer beraten Unternehmen zu der komplexen Thematik.

Von ihren Erfahrungen aus der Praxis berichtet die IHK Pfalz. Ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeiten vieler Unternehmen liege im fehlenden Wissen über Förderinstrumente und Abläufe. „Aus meiner Sicht ist vielen Unternehmen nicht bekannt, welche Förderinstrumente bestehen und wie die Anträge gestellt werden müssen“, sagt Dr. Marius Melzer, Referent für Innovation und Unternehmensförderung bei der Industrie- und Handelskammer für die Pfalz. „Zudem stehen vielen Unternehmen, die nicht selbst forschen oder Produkte entwickeln, lediglich zinsvergünstigte Darlehen zur Verfügung.“ Hinzu komme, dass insbesondere kleinere Betriebe nach einer nicht erfolgreichen Antragstellung häufig die Motivation verlieren, sich erneut mit Förderprogrammen zu beschäftigen. Während größere Unternehmen oftmals auf Fördermittel verzichten können, weil sie eigene Investitionsmittel einsetzen, seien kleinere und junge Unternehmen stärker auf Zuschüsse angewiesen.

Schon der erste Schritt – sich im Förderdschungel zurechtzufinden – sei problematisch. „Zu Beginn besteht die erste Hürde in der Findung des richtigen Programms, da es Förderungen auf Bundes- und Landesebene gibt“, so Dr. Melzer. Mindestinvestitionssummen, die über den Budgets kleiner Unternehmen liegen, oder verpflichtend einzuschaltende Sachverständige, die bezahlt werden müssen, wirken zusätzlich abschreckend.

Hier setzt unter anderem die Industrie- und Handelskammer als Berater und Vermittler an. „Grundsätzlich kann sich jedes Unternehmen bei uns in einem persönlichen Gespräch über Fördermöglichkeiten für ein Vorhaben informieren“, verspricht Dr. Melzer. „Wir nutzen auch unsere Kontakte zu den regionalen und bundesweiten Förderbanken wie der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau.“ Über Webseiten, Newsletter und Wirtschaftsmagazine informiert die IHK über neue Programme. Für eine erste  Orientierung sei die direkte Kontaktaufnahme mit der Kammer oder mit erfahrenen Beratern sinnvoll.

Aktuell stünden in Rheinland-Pfalz einige Förderprogramme zur Verfügung: So könnten für junge Unternehmen gesonderte Kredite beantragt werden, insbesondere zur Erstausstattung für Möbel für Ladengeschäfte oder für Fahrzeuge bei Logistikunternehmen. Bei etablierten Unternehmen (länger als fünf Jahre am Markt) werden besonders Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, zur Kooperation mit Hochschulen sowie eigenbetriebliche Forschungsvorhaben gefördert.

Digitalisierung spielt im Förderwesen eine zunehmend wichtige Rolle – allerdings nicht überall gleichermaßen. „Auf der Bundesebene besteht bereits mit dem Portal des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle eine digitale Lösung für die Abwicklung von Fördermaßnahmen“, erklärt Dr. Melzer. „In Rheinland-Pfalz besteht das Wirtschaftsministerium allerdings darauf, das Verfahren mit Papierdokumenten durchzuführen. Das ist erstaunlich, da während der Coronazeit insbesondere Kleinunternehmen Hilfen über ein Portal online beantragen konnten.“

Auch die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) in Mainz, zentrale Landesförderbank, erkennt die Ursachen der bestehenden Problematik. „Aus unserer Erfahrung tun sich viele Unternehmen in Deutschland deshalb schwer mit der Beantragung von Fördermitteln, weil das Angebot sehr vielfältig, aber damit auch sehr unübersichtlich ist“, sagt Dr. Ulrich Link, Vorstandsmitglied der ISB. Programme mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Anlaufstellen und rechtlichen Vorgaben erschwerten den Zugang – insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe.

Der Vorwurf übermäßiger Bürokratie trifft aus Sicht der ISB jedoch nicht auf alle Programme gleichermaßen zu. „Dieser Kritik können wir in der Pauschalität nicht zustimmen. Unsere Kreditprogramme für die gewerbliche Wirtschaft oder unsere Venture-Capital-Finanzierungen sind in der Regel sehr unbürokratisch und ermöglichen eine schnelle Umsetzung guter Ideen und von Projekten.“ Bei Zuschussprogrammen dagegen gebe es strengere Regeln, weil dort Steuergelder von Land, Bund und EU im Spiel seien. „Damit verbunden sind aus nachvollziehbaren Gründen erhöhte Prüf-, Überwachungs- und Berichtspflichten, was zu komplexeren Verfahren führt“, erklärt Dr. Link.

Die ISB arbeitet nach eigenen Angaben daran, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Sie bietet umfassende Informations- und Beratungsangebote telefonisch, digital und persönlich an. „Darüber hinaus treiben wir die weitere Digitalisierung unserer Förderprozesse konsequent voran. Damit wollen wir erreichen, dass Anträge künftig noch schneller, einfacher und nutzerfreundlicher gestellt werden können“, so Dr. Link.

Wer konkrete Förderinstrumente beanspruchen möchte, kann sich direkt an die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) wenden, ebenso an die bundesweiten Institutionen Bundesamt für Wirtschaft (BAFA) und Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Gemeinsam ließe sich schnell klären, welche Programme im Einzelfall am besten passen. Ein Beratungsteam bei der ISB in Mainz stehe als erste Anlaufstelle zur Verfügung. Digitale Tools wie der „Förderfinder“ sollen erste Orientierung bieten.

Die Vielfalt an Förderprogrammen in Deutschland sei zwar ein großer Vorteil, gleichzeitig führe sie zu einer Komplexität, die im internationalen Innovationswettbewerb durchaus als Hindernis wahrgenommen werden könne, weiß die ISB. „Entscheidend ist daher, die Förderlandschaft transparenter und zugänglicher zu machen. Dazu gehört eine stärkere Bündelung von Informationen, klare Ansprechpartner und die fortschreitende Digitalisierung der Prozesse.“

Eine pauschale Kritik an zu viel Bürokratie im Fördermittelbereich weist das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz ebenfalls zurück.  „Fördermittel sind kein ‚Geld von der Stange‘, sondern gezielte Instrumente, um Investitionen, Innovationen und Wachstum zu unterstützen“, sagt Carsten Zillmann, Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums. Die größte Herausforderung liege derzeit weniger im Antragsverfahren selbst als in der wirtschaftlichen Gesamtlage: gestiegene Zinsen, konjunkturelle Unsicherheit und zurückhaltende Investitionsbereitschaft. Wer investieren wolle, finde passende Programme.

„Unsere Landesprogramme gelten im Vergleich zu anderen Fördermittelgebern als vergleichsweise schlank“, so Zillmann. Zwar müssten europäische Vorgaben aus Beihilferecht oder EU-Fonds eingehalten werden, doch der Anspruch des Ministeriums sei es, „diese Vorgaben so verständlich und pragmatisch wie möglich zu gestalten“.

Die Landesregierung setzt verstärkt auf Digitalisierung und Beratung, um den Zugang zu Fördermitteln zu vereinfachen. „Ein Großteil der Programme ist bereits digital beantragbar, weitere werden folgen“, so das Ministerium. Alle relevanten Informationen seien zentral auf den Webseiten der ISB und des Ministeriums gebündelt. Auch die vollständige Digitalisierung der Programme im Rahmen der EU-Förderperiode 2021–2027 sei angestoßen worden.

Im internationalen Vergleich sieht das Ministerium die deutsche Förderlandschaft positiv. „Die Vielfalt ist eher eine Stärke als ein Hindernis. Entscheidend ist, dass Unternehmen nicht im Dschungel suchen müssen, sondern die richtigen Ansprechpartner finden“, so der Pressesprecher. Rheinland-Pfalz sorge dafür: durch möglichst schlanke Landesverfahren, durch direkte Beratung und durch Digitalisierung. „Viele erfolgreiche Projekte zeigen: Förderung wird in Rheinland-Pfalz angenommen und wirkt.“

Die Diskussion um Innovationsförderung in Deutschland zeigt ein komplexes Bild. Auf der einen Seite stehen Unternehmen, die sich von komplizierten Verfahren abgeschreckt fühlen, auf der anderen Seite Fördergeber, die auf notwendige Prüfmechanismen und zunehmende Digitalisierungsfortschritte verweisen. Alle Beteiligten erkennen an, dass Transparenz und Orientierung entscheidend sind. Eine stärkere Bündelung von Informationen, konsequente Digitalisierung und praxisnahe Beratung könnten helfen, den Förderprozess für Unternehmen einfacher und attraktiver zu gestalten − damit wichtige Innovationen in Deutschland wieder Fahrt aufnehmen. 

DR. MARIUS MELZER

ist Referent für Innovation und Unternehmensförderung bei der Industrie- und Handelskammer für die Pfalz. Er berät Unternehmen, die sich im Förderdschungel nicht zurechtfinden.

Portraitbild Dr. Marius Melzer

Foto: IHK Pfalz

 

DR. ULRICH LINK

ist Vorstandsmitglied der Investitions-und Strukturbank. Ihm ist bewusst, dass das Angebot an Fördermitteln sehr umfangreich ist und damit auch undurchsichtig sein kann.

Portraitbild Dr. Ulrich Link

Foto: ISB/Sandra Haue

 

Checkliste: Der Weg zum Fördergeld

Projektidee konkretisieren

  • Plan genau definieren (Investition wofür, Digitalisierung, Energieeffizienz usw.). Worum handelt es sich: Beratung, Investition, Forschung, Gründung oder andere?

Passende Förderprogramme identifizieren

  • Fördermittelberatung in Anspruch nehmen  
  • Förderbanken / Plattformen prüfen: Bedingungen vergleichen: Förderquote, Mindestvolumen, Antragsfristen, Fördergebiet

Förderfähigkeit prüfen

  • Unternehmensgröße (Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz, Bilanzsumme)
  • Regionale Fördergebiete  
  • Innovative oder nachhaltige Aspekte

Finanzierungsplan erstellen

  • Gesamtkosten und geplante Finanzierung (Eigenmittel, Kredite, Zuschüsse).
  • Unterscheidung förderfähige und nicht förderfähige Kosten
  • Liquidität während der Projektlaufzeit (wenn Förderung noch nicht  ausgezahlt ist).

Unterlagen zusammenstellen

  • Unternehmensdaten (Handelsregisterauszug, Jahresabschlüsse)
  • Projektbeschreibung (Ziele, Zeitplan, technische Details)
  • Kostenplanung (Angebote und Kostenvoranschläge von Lieferanten/Dienstleistern)
  • Nachhaltigkeits- beziehungsweise Innovationsnachweise

Antrag stellen

  • Wichtig: Antrag muss vor Projektbeginn gestellt werden
  • Vollständige Unterlagen fristgerecht bei der zuständigen Stelle einreichen

Projekt starten

  • Erst nach Erhalt des Bewilligungsbescheids starten
  • Bedingungen genau prüfen (Förderquote, Laufzeit, Nachweisführung)

Projekt durchführen

  • Alle Unterlagen aufbewahren: Rechnungen, Verträge, Zahlungsnachweise
  • Zwischenberichte / Verwendungsnachweise erstellen

Mittel abrufen

  • Nach Projektabschluss (oder in Teilabschnitten) Verwendungsnachweise einreichen

Verlauf dokumentieren

  • Für den Fall einer Erfolgskontrolle: alle Ergebnisse dokumentieren (zum Beispiel Energieeffizienz, neue Arbeitsplätze usw.)

Kontakte Förderung

Wichtige Anlaufstellen

Einen Überblick bietet die Förderdatenbank des Bundes: www.foerderdatenbank.de.

Ivestitions- und Strukturbank ISB
isb.rlp.de/wirtschaft/uebersicht.html

ISB Beratungsteam Wirtschaftsförderung
Telefon: 06131 6172-1333, Mail: beratung@isb.rlp.de

WIRTSCHAFTSMINISTERIUM
mwvlw.rlp.de/themen/finanzierung-und-foerderung 

Innovationsagentur Rheinland-Pfalz: innovationsagentur.rlp.de

Kommunale Wirtschaftsförderungen vor Ort

Auf Bundesebene ergänzend: KfW und BAFA. www.kfw.de, www.bafa.de

 


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