Chefsache | Erfolgreiche Diversifizierung als Wachstumsmotor - Albert Weil AG

Februar 29, 2024 5 min lesen.

Bau einer Brücke mit einem Wimpel albertweil.de auf rotem Hintergrund zwischen den Brückenpfeilern gespannt.

Konstruktiver Ingenieurbau ist eine der Kernkompetenzen der Limburger Bauunternehmung.

Chefsache Die Limburger Bauunternehmung Albert Weil AG expandiert inmitten der Rezession. Im Interview mit der WIRTSCHAFT spricht Vorstandsvorsitzender Klaus Rohletter über erfolgreiche Diversifizierung, Werteorientierung und innovatives Handeln.

Von Anika Tilemann

Im vergangenen Jahr feierte die Albert Weil AG ein stolzes Jubiläum. Die Bauunternehmung blickt auf mehr als 75 bewegte und erfolgreiche Jahre zurück. 1948, in der Zeit des Wiederaufbaus, gründete der gelernte Schuhmacher Albert Weil seinen Betrieb, der sich zunächst mit dem Ausbau und der Instandsetzung von Straßen und Plätzen beschäftigte. Aus dem ehemals kleinen Straßenbauunternehmen entwickelte sich eine vielschichtige Kapitalgesellschaft, die heute mehr als 670 Mitarbeiter beschäftigt und rund 90 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet.

Strategisches Wachstum und die hohe Bereitschaft, jeden Geschäftsbereich bestmöglich weiterzuentwickeln, haben aus einer klassischen Baufirma ein breit aufgestelltes Unternehmen geformt, zu dessen Geschäftsfeldern heute auch verschiedene kommunale sowie gewerbliche Dienstleistungsservices, Projektentwicklung oder Sanierungsarbeiten im Bestand gehören. Im Gespräch mit rz-Media Geschäftsführer Evangelos Botinos und rz-Redakteurin Anika Tilemann gibt Klaus Rohletter, Vorstandsvorsitzender der Bauunternehmung Albert Weil AG, spannende Einblicke in das Unternehmen.

Klaus Rohletter, Vorstandsvorsitzender der Albert Weil AG und rz-Media Geschäftsführer Evangelos Botinos (von rechts).

Klaus Rohletter, Vorstandsvorsitzender der Albert Weil AG und rz-Media Geschäftsführer Evangelos Botinos (von rechts).

Foto: Anika Tilemann

Botinos: Herr Rohletter, die Albert Weil AG blickt, ebenso wie unser Unternehmen, der Mittelrhein-Verlag, auf eine über 75-jährige Firmengeschichte zurück. Welche Faktoren haben die beeindruckende Entwicklung vom kleinen Straßenbaubetrieb zur prosperierenden Aktiengesellschaft begünstigt?

Rohletter: Einer unserer Erfolgsfaktoren ist die enge Verbundenheit zur Region. Als regionales, mittelständisches Unternehmen arbeiten wir ausschließlich in einem Umkreis von 100 Kilometern rund um Limburg. Wir tragen damit dem Wunsch unserer Mitarbeiter Rechnung, die ihren Arbeitstag gern zu Hause beginnen und wieder beenden möchten. Der Respekt, den wir unseren Mitarbeitern damit entgegenbringen, wird mit einem hohen Maß an Loyalität und langjähriger Treue zum Unternehmen zurückgespielt. Gleichzeitig hat die regionale Fokussierung weitere Vorteile. Wir kennen die Ansprechpartner der allermeisten Schnittstellengewerke, Planer, Projektentwickler und öffentlichen Entscheidungsträger sehr gut. Gleichzeitig können wir unsere Maschinen an nahezu jeden Punkt in der Region bewegen und sie damit optimal auslasten.

Tilemann: Sie haben in den vergangenen zehn Jahren in insgesamt sechs Tochterfirmen investiert und so ihr Angebotsportfolio sukzessive erweitert. Sie betreiben mittlerweile ein Sand- und Kieswerk, kümmern sich um Winterdienste, setzen Bürogebäude instand. Wie wirkt sich die starke Diversifizierung auf die Unternehmenskultur bei Albert Weil aus?

Rohletter: Es ist eine Sache, ein Unternehmen zu gründen oder zu kaufen, aber eine ganz andere, es erfolgreich ins Management zu überführen. Dafür sind in erster Linie ausreichend motivierte Mitarbeiter notwendig, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Über diese verfügen wir glücklicherweise. Die Neugier und Innovationsfreude im Team sind großartig und haben dafür gesorgt, dass wir heute unabhängiger von der aktuellen Investitionszurückhaltung in der Baubranche sind. Zudem haben wir wertvolle Synergien, beispielsweise im IT-Bereich, aber auch in anderen Abteilungen genutzt.

Die Albert Weil Azubis beim der Anprobe der neuen Arbeitskleidung.

Sichere Kleidung gehört ab dem ersten Arbeitstag zur Grundausstattung.

Tilemann: Eine besondere Herausforderung besteht sicherlich darin, aus vielen neuen Mitarbeitern eine Einheit zu formen. Wie ist das gelungen?

Rohletter: Ein klares Wertekonzept spielt bei der Albert Weil AG eine herausragende Rolle. Unser Motto lautet: „Auf Werte bauen“ und das ist sowohl auf den Baustellen als auch in der Zentrale spürbar. Wir gehen respektvoll und wertschätzend miteinander um. Dabei stehen unsere Türen für alle offen. Jeder Mitarbeiter wird nach seinen Stärken gefördert und weiterqualifiziert. Die Belegschaft im Bauwesen ist zwar heterogen, aber uns eint bei der Bauunternehmung eine starke regionale Verbundenheit, die Liebe zum Handwerk und zu unseren Familien. Das Bedürfnis nach Freizeit und Familienzeit berücksichtigen wir, wo immer es geht. Unsere Auszubildenden rekrutieren sich nicht selten aus dem Nachwuchs langjähriger Mitarbeiter. Das alles formt uns zu einem großen Ganzen.

Botinos: Auch Ihr Sohn Benedikt wächst seit einiger Zeit in die Unternehmensführung hinein. Er soll in wenigen Jahren Ihre Nachfolge antreten. Wie stellt sich Albert Weil personell für die Zukunft auf?

Rohletter: Wir beobachten in vielen mittelständischen Unternehmen Schwierigkeiten bei der Nachfolgebesetzung. Einige unserer Töchterfirmen gehören auch deswegen zur Unternehmensgruppe, weil die bisherigen Eigentümer keine geeigneten Kandidaten gefunden haben. Umso erfreulicher ist es, dass wir dieses Thema rechtzeitig angehen können. Mein Sohn ist studierter Baubetriebswirt und sammelt derzeit Führungsverantwortung in der Dienstleistungen Albert Weil GmbH. Es gibt einen praxisnahen Einarbeitungsplan, sodass er in spätestens fünf Jahren eine Vorstandsfunktion in der AG übernehmen kann. Meine beiden Vorstandskollegen, Stefan Jung-Diefenbach und Stefan Hopmann, sind glücklicherweise etwas jünger als ich, sodass ihre Expertise dem Unternehmen noch lange erhalten bleibt.

Ein Albert Weil Mitarbeiter bei Schweißarbeiten.

In der firmeneigenen Werkstatt sprühen die Funken.

Botinos: Eine personell gesicherte Zukunft ist die Basis. Welche ökonomischen Weichen stellen Sie in der aktuellen Rezession, die von Investitionszurückhaltung, hohen Rohstoff- und Energiekosten sowie Fachkräftemangel geprägt ist?

Rohletter: Unser Kerngeschäft gliedert sich in vier Geschäftsbereiche: Konstruktiver Ingenieurbau, Schlüsselfertigbau, Straßen und Kanalbau sowie schwerer Erdbau. Sowohl private als auch öffentliche Investitionen gingen im Jahr 2023 zurück. Unser Vorteil war und ist es, dass wir breit aufgestellt sind und einen Auftragsrückgang im Bereich Schlüsselfertigbau mit einer konstant guten Auftragslage im Straßen und Kanalbau ausgleichen können. So lasten wir Mitarbeiter und Maschinen weiterhin aus und erwägen aktuell weder Kurzarbeit noch den Verkauf unserer Infrastruktur.

Durch die Erweiterung unseres Leistungsspektrums um baunahe Dienstleistungen wie Immobilienprojektentwicklung, Gebäudereinigung, Grünflächenpflege oder auch den Betrieb von Landesstraßen haben wir neue Umsatzpotenziale erschlossen, die wir weiter ausbauen.

Straßenbauarbeiten in der Limburger Innenstadt. Ein Bagger inmitten von Häuserschluchten.

Straßen- und Kanalbau in der Limburger Graupfortstraße.

Botinos: Wo liegen die interessantesten Wachstumsfelder?

Rohletter: Wir treten verstärkt als privater Investor für öffentliche Einrichtungen auf. Ein Beispiel ist hier das Amtsgericht in Schwalbach, das wir gebaut und langfristig an die zuständige Justizbehörde vermietet haben. Es ist ein Projekt, von dem beiden Seiten profitieren. Das Land Hessen bindet keine Steuergelder in einer Immobilie und für uns als Investor ergibt sich eine gesicherte Rendite. Dieses Modell lässt sich auf viele öffentliche Projekte übertragen, seien es Kitas, Schulen oder Behörden. Der öffentliche Bedarf, Räume zu schaffen, ist groß. Privates Kapital kann hier die finanzielle Basis sichern. Privatisierung im öffentlichen Raum ist ohnehin ein großes Thema. Im Landkreis Limburg-Weilburg etwa übernehmen wir den Betrieb der Kreisstraßen. Dazu gehören neben Winterdienst und Grünschnitt auch die regelmäßige Reinigung und Instandsetzung der Fahrbahnen.

Neugier und Unternehmertum öffnen auch heute noch viele Türen. Wichtig ist, dass bei aller Expansion unsere Mitarbeiter, unsere Unternehmenswerte und die Region, in der wir tätig sind, im Mittelpunkt stehen.

Abrissarbeiten einer Straße mit 3 Baggern.

Zum Unternehmen

Name: Bauunternehmung Albert Weil AG

Gegründet: 1948 von Albert Weil als Straßenbaubetrieb in Limburg Vertretungsberechtigter

Vorstand: Klaus Rohletter (Vorstandsvorsitzender), Stefan Jung Diefenbach, Stefan Hopmann

Sitz: Limburg an der Lahn

Kernkompetenz: Konstruktiver Ingenieurbau, Schlüsselfertigbau, Straßen- und Kanalbau, Schwerer Erdbau und Abraumreinigung

Mitarbeitende: 670 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Unternehmensgruppe, jährlich rund 35 Auszubildende

Weitere Informationen: albertweil.de

Fotos: Bauunternehmung Albert Weil AG

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