Chefsache | Gesündere und vegane To-Go-Produkte liegen im Trend - HACK AG in Kurtscheid

April 26, 2024 6 min lesen.

Evangelos Botinos, Geschäftsführer der rz-Media (links), trifft Peter Hack, Vorstandsvorsitzender der HACK AG.

Evangelos Botinos, Geschäftsführer der rz-Media (links), trifft Peter Hack,
Vorstandsvorsitzender der HACK AG.

Foto: Christian Koch

Chefsache Die HACK AG in Kurtscheid ist der größte Anbieter von frischen und tiefgekühlten Konditorei- und Backwaren in Deutschland. Im Interview mit der WIRTSCHAFT spricht Vorstandsvorsitzender Peter Hack über die unternehmerischen Herausforderungen des Familienunternehmens.

Von Christian Koch

Dass sich moderne Backkultur und Familientradition nicht gegenseitig ausschließen, zeigt die HACK AG mit Firmenhauptsitz im beschaulichen Kurtscheid im Zentrum des Naturparks Rhein-Westerwald. Das heute international agierende Familienunternehmen wurde 1930 von den Gebrüdern Hack in Duisburg gegründet. Der Umzug des Firmensitzes nach Kurtscheid erfolgte 1967. Das Erfolgskonzept liegt im breiten Unternehmensportfolio. Dabei stehen immer Innovation und Nachhaltigkeit im Vordergrund. Geleitet wird die HACK AG von Peter Hack und seinem Cousin Thomas Hack.

Unter dem Dach der HACK AG gibt es acht Tochterunternehmen, die auf unterschiedliche Unternehmensbereiche spezialisiert sind. Sie sind im gesamten Bundesgebiet sowie im benachbarten Ausland tätig. Das Unternehmen beliefert Großhandel, Lebensmitteleinzelhandel, Systemgastronomie und Systemhotelgewerbe mit frischen und tiefgekühlten Konditorei- und Backwaren. Im Zuge der Neuausrichtung und Diversifikationsstrategie wurde 2020 die Cleanotec GmbH, Fachanbieter für Hygiene- und Reinigungskonzepte, in das Unternehmensportfolio aufgenommen.

Im Gespräch mit Evangelos Botinos, Geschäftsführer der rz-Media, und WIRTSCHAFT-Redakteur Christian Koch gewährt Vorstandsvorsitzender Peter Hack Einblicke in die Firmenphilosophie und die derzeitige wirtschaftliche Situation.

Botinos: Für die Gastronomie, den Einzelhandel, die Eventbranche und die Luftfahrt war Corona ein massiver Einschnitt. Nahezu alle Ihre Kunden waren unmittelbar von Umsatzeinbrüchen betroffen. Wie hat sich Ihr Geschäft seit Corona verändert?

Hack: Auch wir waren stark betroffen und mussten auf Kurzarbeit umstellen. Die Produktion wurde auf ein Minimum reduziert. Da die Tankstellen und die dazugehörigen Shops, die wir belieferten, zu dieser Zeit noch offen waren, hat das unseren Betrieb am Laufen gehalten. Nach Corona waren unsere Stammkunden und langjährigen Partner schnell wieder da. Gerade in der Systemgastronomie ging es für uns als Mittelständler dank unserer treuen Kunden wie Tchibo oder McDonalds schnell wieder aufwärts. Wir alle haben Corona völlig unterschätzt. Seitdem sind wir unternehmerisch viel vorsichtiger geworden, was zum Beispiel Risiken bei Investitionen angeht. Wir sehen vieles kritischer und hinterfragen altbewährte Systeme, die vor Corona noch erfolgversprechend waren.

Koch: Sie zählen deutschlandweit zu den größten Lieferanten von Tankstellenshops. Etwa 8000 Stationen werden aus Kurtscheid beliefert. Wie bewerten Sie das drohende Verbrenner-Aus 2035 für Ihr Geschäft? Wird sich die Aufenthaltsqualität in Tankstellen verändern, da E-Tanken mehr Zeit erfordert? Oder wird das klassische Tankstellengeschäft weichen?

Hack: Der Markt hat sich schon verändert. In unserem Fuhrpark haben wir bereits viele Hybridfahrzeuge, aber keine reinen Elektroautos. Derzeit gibt es in Deutschland rund 1,4 Millionen E-Autos. Wenn man bedenkt, dass es insgesamt rund 50 Millionen Pkws gibt, ist das noch überschaubar. Ob tatsächlich 2035 bei Neuzulassungen nur noch verbrennungsfreie Fahrzeuge zugelassen werden, müssen wir abwarten. Der Markt wird sich in den nächsten Jahren auf jeden Fall wandeln, aber nicht so schnell, wie sich das manche Gruppierungen vielleicht wünschen. Die Verzehrgewohnheiten und Orte werden sich mit entwickeln. Mein Großvater hat schon gesagt: Gegessen wird immer, wir müssen nur genau hinschauen wo!

Schwarz-Weiß Bild der ehemaligen Bäckerei Kurt Hack in Duisburg, die 1930 von den Gebrüdern Hack gegründet wurde.

Alles begann mit der kleinen Bäckerei in Duisburg, die 1930 von den Gebrüdern Hack gegründet wurde.

Foto: HACK AG

Somit sind diese Veränderungen auch Fluch und Segen zugleich. Wir versuchen, uns ständig diesen Marktveränderungen zu stellen und bei Bedarf auch anzupassen.

Botinos: Ihre Produktion ist stark von externen Kosten wie Strompreis, Rohstoffe oder Mindestlohn abhängig, die in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Wie wirkt sich das auf Absatzmärkte und Umsatzpotenziale aus?

Hack: Durch die Coronakrise und den Ukrainekrieg gab und gibt es große Preisschwankungen. Teilweise sind die Preise um 65 Prozent gestiegen. Es ist schwierig, Preiserhöhungen an die Kunden weiterzugeben. Aber es hat uns geholfen, hier konsequent zu bleiben. Wir haben eine hohe Stabilität und konnten in den letzten zwei Jahren unser Controlling deutlich besser aufbauen. Verträge mit Energie- oder Rohstofflieferanten werden nun frühzeitiger abgeschlossen und über die jeweiligen sinnvollen Laufzeiten im Auge behalten.

Botinos: Tatsächlich ist Ihr Geschäft stark von den politischen Entscheidungen und Weichen der vergangenen fünf Jahre geprägt. Gibt es Strategien, sich davon möglichst unabhängig zu machen? Welche Wünsche oder Forderungen haben Sie an die Politik?

Hack: Über unsere aktuelle wirtschaftliche Situation unter der jetzigen Regierung ist schon viel gesprochen und geschrieben worden. Ich bin kein Politiker und habe aktuell auch keinen Bedarf, es zu werden. Es wäre aber schon sehr hilfreich, wenn es in der Politik mehr fachliche Fähigkeiten geben würde. Jeder Bäcker muss zum Ausüben seines Handwerks eine vernünftige Ausbildung machen. Und trotzdem sehe ich unser Land eher aus einer positiven Brille. Auch wenn die steuerlichen Belastungen und die Bürokratie im Lande viel zu hoch sind, genießen wir als Unternehmerinnen und Unternehmer große Freiheiten, im Vergleich zu anderen Ländern. Wir sollten weniger klagen und die Zeit mehr für neue Ideen und Strategien nutzen. Die Pandemie hat seine Spuren hinterlassen, und die angespannte Sicherheitslage in der Welt trägt nicht unbedingt zur Konsumlust bei. Also braucht es neue, angepasste Geschäftsmodelle, bei denen man sich krisenresistenter aufstellt.

Bild eines gesunden Snacks: Knuspriges Brot mit Tomaten, Zwiebeln, Oliven und mehr.
Die HACK AG passt sich den neuen Essgewohnheiten der Konsumenten an. Gesunde Produkte und Zutaten sind heutzutage selbstverständlich.
Foto: HACK AG

Koch: Die Menschen und ihre Essgewohnheiten haben sich in den letzten 20 Jahren deutlich geändert. Haben Sie Produkte für Veganer in Ihr Portfolio aufgenommen? Gibt es spezielle Wünsche, zum Beispiel von muslimischen Bürgern?

Hack: Unsere Produktpalette hat sich stark verändert. Und es ist unser Glück, dass wir uns den Gegebenheiten angepasst haben. Zum Beispiel waren wir historisch einmal der größte weltweite Hersteller des Frankfurter Kranz. Aber der Lebenszyklus von Buttercremetorten hat sich verändert. Gesündere und vegane Produkte liegen im Trend, vor allem To-Go-Produkte wie Muffins, Brownies oder Cookies. Hier sind wir sehr gut aufgestellt. Da der Anteil der muslimischen Mitbürger in den letzten Jahren gestiegen ist, sind unsere Großkunden vor allem im Bereich der Verkehrsgastronomie gut beraten, Ihre Speisekarten flexibler zu gestalten.

Koch: Das Thema Nachhaltigkeit ist für Ihre Mitarbeiter und Sie eine Herzensangelegenheit. Ihr Unternehmen ist auf dem Weg der CO²-Neutralität. Gemeinsam mit dem Start-up-Unternehmen „Dein Hektar“ haben Sie bereits viele Projekte umgesetzt. Worum geht es dabei genau?

Hack: Seit einigen Jahren bin ich im Beirat des Ökologie-Start-ups „Dein Hektar“ aus Lahnstein. So habe ich das Unternehmen und seine Arbeit intensiv kennengelernt. Auf der Suche nach einer regionalen, sinnvollen Idee haben wir uns dann gemeinsam mit der Ortsgemeinde Kurtscheid und unserem Stiftungsrat der Karl-Hack-Stiftung an einen Tisch gesetzt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das umfangreiche Konzept zur langfristigen Pflege und Aufforstung des Gemeindewaldes funktioniert heute hervorragend. Eine Win-win-Situation für die nächsten Generationen.

Ein Bäcker beim Formen von Brotlaiben. Auf dem weißen T-Shirt das rote Logo der Firma Hack.

Bei der HACK AG wird bei der Herstellung von Brot noch klassisch Hand angelegt.

Foto: HACK AG

Botinos: Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen ein Problem. Ist es ein Vor- oder Nachteil, in einer ländlichen Region um Arbeitskräfte zu buhlen? Wie überzeugen Sie junge Menschen zum Beispiel vom Bäckerhandwerk? Hier gibt es herausfordernde Arbeitszeiten und es ist ein körperlich anspruchsvoller Beruf.

Hack: Wenn Mitarbeiter Mitarbeiter werben, ist das die beste Form der Rekrutierung. Die ländliche Region ist ein Vorteil, weil die Konkurrenz zu anderen Unternehmen nicht so groß ist. Die Mitarbeiter sind bereit, für ihren Job 30 Kilometer zu fahren. Voraussetzung dafür sind flexible Arbeitszeiten und marktgerechte und faire Löhne. Besonderen Wert legen wir auf die Pflege unserer Unternehmenskultur. Wir als Familienunternehmen haben hier gegenüber großen Konzernen immer einen kleinen Vorteil, den müssen wir aber auch nutzen.

Koch: Sie führen das Unternehmen zusammen mit Ihrem Cousin und haben die Führungsriege sukzessive erweitert. Wie stellen Sie die personellen Weichen für die Zukunft? Wird es eine weitere Hack-Generation in der Führungsverantwortung der AG geben?

Hack: Vielleicht wird mein Sohn Paul, er ist 18 Jahre alt, die Verantwortung übernehmen. Er macht gerade eine Ausbildung zum IT-Kaufmann. Darüber hinaus ist es für uns wichtig, alle Tochtergesellschaften der Gruppe mit fähigen Führungskräften auszustatten. Das gelingt uns seit Jahren ebenfalls gut.

Botinos: Die Zeiten sind herausfordernd und verlangen von Familienunternehmen verschiedenster Branchen Anpassungsfähigkeit, Mut und Ausdauer. Welche Geschäftsmodelle und Absatzmärkte führen die Hack AG in die Zukunft?

Hack: Gemeinsam mit der belgischen La Lorraine Bakery Group haben wir seit Beginn 2023 unsere Vertriebs- und Serviceaktivitäten im deutschsprachigen Raum gebündelt. Das neue Joint Venture – 'BACKUNION powered by Hack und La Lorraine' – ist auf dem Weg in die europäische Back-Champions-League. Das stärkt auch deutlich die Produktionskompetenz der Hack AG am Standort in Kurtscheid und eröffnet uns zeitgleich neue Exportchancen. Das Familienunternehmen La Lorraine ist eines der erfolgreichsten und umsatzstärksten Bäckereien der Welt. Dank unserer Messe- und Veranstaltungsplattform 'GenussGARTEN' gelingt es uns immer wieder, neue Netzwerke zu bauen und somit auch neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Wir haben in der Zukunft noch viel 'Appetit auf Qualität'.

Der Firmensitz der Firma Hack in Kurtscheid

Die Produktionsstätte der HACK AG in Kurtscheid.

Foto: HACK AG

Zum Unternehmen

Name: Hack AG

Gegründet: 1930 durch Karl Hack in Duisburg.

Geschäftsleitung: Peter Hack, Thomas Hack

Sitz: Kurtscheid

Kernkompetenz: Belieferung von Großhandel, Lebensmitteleinzelhandel, Systemgastronomie und Systemhotelgewerbe mit frischen und tiefgekühlten Konditorei- und Backwaren.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 275

Weitere Informationen: hack.ag

 

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