Dossier: Bildungschancen | Nochmal durchstarten - Weiterbildung im Handwerk

Februar 29, 2024 4 min lesen.

Sinnbild: 2 Männer unterschiedlichen Alters in einer Werkstatt, die über einem Plan hängen.

Handwerk hat immer noch goldenen Boden. Aber gute Handwerker müssen ihre Kenntnisse ständig auf der Höhe der Zeit halten und ausbauen. Deshalb sind Weiterbildungsmöglichkeiten, wie sie die Handwerkskammer bietet, von wesentlicher Bedeutung. Allein die Handwerkskammer Koblenz beschäftigt für ihre Weiterbildungsangebote mehr als 100 Ausbilder, die von rund 3000 Ehrenamtlern unterstützt werden.

Foto: Robert Kneschke/stock.adobe.com

Weiterbildung In kaum einem anderen Berufsstand ist das lebenslange Lernen von so zentraler Bedeutung wie im Handwerk. Immer neue technische Entwicklungen und die Erlangung von Spezialkenntnissen stellen hohe Anforderungen an die Fortbildung für Handwerksbetriebe und ihre Mitarbeitenden.

Von Hans-Rolf Goebel M ehr als 100 Ausbilder beschäftigt die Handwerkskammer Koblenz (HwK) in ihren Werkstätten und Bildungseinrichtungen, um Menschen ihren Weiterbildungszielen näher zu bringen. „Dazu kommen rund 3000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die ihr Wissen und ihre Erfahrung einbringen, um zum Beispiel angehenden Meistern die Feinheiten der beruflichen Praxis zu vermitteln, auf Prüfungen vorzubereiten oder als Teil der Prüfungsausschüsse mitzuwirken. Ohne die ehrenamtlichen Kräfte wären wir ganz schön aufgeschmissen“, sagt Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz.

Drei Jahre Lehrzeit seien zwar eine gute Grundlage für den späteren beruflichen Erfolg, aber diese eher grundständige Bildung braucht im Anschluss eine Phase der Wissensvermehrung und der Aneignung von Spezialkenntnissen, um das Profil als guter, kundiger Handwerker herauszuarbeiten. „Weiterbildung ist eine Lebensaufgabe. Neben den beiden Säulen der dualen Ausbildung, der betrieblichen Seite und der schulischen, hat sich die Handwerkskammer mit ihren Angeboten als dritter Lernort etabliert“, sagt Hellrich. Mit hohen Investitionen, die vom Bund, dem Land und der Kammer getragen werden, hält die HwK ihre Musterwerkstätten technologisch auf Spitzenniveau.

Die Kurse dauern in der Regel eine Woche. Hier werden zwölf Teilnehmer von einem Meister und erfahrenen Ehrenamtlern begleitet. Die Bewertung der Woche erfolgt auf Gegenseitigkeit – die Lernfortschritte der Lehrlinge durch den Meister ebenso wie die Attraktivität des Kursangebots der Handwerkskammer durch die Lehrlinge. Bei den Mitarbeitenden der Betriebe, die bei der Handwerkskammer ihr Wissen komplettieren möchten, spürt Hellrich viel Einsatzbereitschaft und Offenheit für Neues. „Sie empfinden die Möglichkeit der Weiterbildung als Zeichen der Wertschätzung durch ihren Arbeitgeber.“ Als Beispiel nennt der Hauptgeschäftsführer den Weiterbildungsgang zum geprüften Polier. „Diese Fortbildung neben der Meisterausbildung wird mit ihrem Praxisbezug sehr gut angenommen. Der kompetente Polier ist neben dem Bauleiter eine unabdingbare Kraft zur erfolgreichen Abwicklung aller Arbeitsabläufe auf der Baustelle.“

„Weiterbildung ist eine Lebensaufgabe. Neben den beiden Säulen der dualen Ausbildung, der betrieblichen Seite und der schulischen, hat sich die Handwerkskammer mit ihren Angeboten als dritter Lernort etabliert.“
Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz

Besonders hoch sei der Weiterbildungsdruck in der Kfz-Branche. Hier mache sich die Transformation eines kompletten Industriezweigs besonders stark bemerkbar, so Hellrich. „Kfz-Mechatroniker müssen heute eine zusätzliche, verpflichtende Ausbildung durchlaufen, wenn sie an Elektrofahrzeugen arbeiten wollen.“ Hersteller zertifizieren die Werkstätten. Diese wiederum haben beispielsweise die Auflage, ihre mit Abgasuntersuchungen befassten Mitarbeiter alle drei Jahre zu einer Fortbildung der Handwerkskammer zu entsenden. Dies wird von den Innungen streng überprüft. Zum Erwerb der benötigten Qualifikation betreibt die HwK Werkstätten, die die gesamte Bandbreite der Mobilität abbilden. Dort finden sich Oldtimer, Fabrikate der 1990er und 2000er Jahre, aktuelle Verbrenner und E-Fahrzeuge der neuesten Generation. „Wir machen das herstellerunabhängig, um Weiterbildungsteilnehmer für den Markt in seiner ganzen Breite zu qualifizieren“, sagt Hellrich. Das verbreitere die Chancen eines Kfz-Mechanikers, später zwischen den Marken wechseln zu können und sich so höhere Beschäftigungschancen zu sichern.

Weil der Bereich E-Mobilität eine immer stärkere Dynamik entwickelt hat, erschloss sich die HwK erst kürzlich ein neues Betätigungsfeld. Sie schulte Mitarbeiter des Landeskriminalamts, wie man E-Fahrzeuge effektiv nach verdächtigen Substanzen durchsuchen kann, ohne sich durch das Hochvoltsystem des EAutos in Gefahr zu bringen. Der Hauptgeschäftsführer hebt hervor, dass es für angehende Meister, die in der Lehrphase in ihrem Betrieb kürzertreten müssen, finanzielle Unterstützung gibt. „Der Meisterbonus und das MeisterBafög sind wichtige Grundlagen. Denn die Ausbildung kann je nach Gewerk in Vollzeit neun bis zwölf Monate und in Teilzeit zwei Jahre dauern“, sagt Hellrich. Bei der Fachtheorie läuft vieles inzwischen bereits online. Das spart in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz eine Menge Wegezeit.

Wer seine Kenntnisse nicht nur in fachlicher Hinsicht weiterentwickeln will, dem bietet die Handwerkskammer die Möglichkeit eines Abschlusses als Betriebswirt HwK. Hier wird das Wissen auf den Gebieten Recht, Steuern, Betriebs- und Personalführung sowie Organisation vertieft.

Weitere Informationen: www.hwk-koblenz.de

Junger Elektriker, der freundlich in die Kamera lächelt und gerade etwas anschließt.

Zur Kammer

Der Handwerkskammer Koblenz, die im kommenden Jahr 125 Jahre alt wird, sind rund 22 000 Mitgliedsbetriebe angeschlossen (Stand Ende 2023). Insgesamt sind das 441 Betriebe mehr als zum Jahresende 2022. 14 133 Betriebe üben ein Handwerk der Anlage A der Handwerksordnung aus, das sind solche mit Meisterpflicht. 5437 Betriebe sind im Bereich der zulassungsfreien Handwerke tätig (Anlage B1 der HwO), 2177 Betriebe gelten als handwerksähnliches Gewerbe (Anlage B2 der HwO). Die Zahl der eingetragenen Lehrverträge zum Stichtag 31. Juli 2023 (Beginn des neuen Lehrjahrs) stieg im Vergleich zum Vorjahr um 7,02 Prozent auf 2303.

Foto: Laura Antonia Herzmann

 

Portrait zu Ralf Hellrich, dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz.

Zur Person

Ralf Hellrich wurde 1963 in Mannheim geboren. Nach seiner Ausbildung zum Dipl. Betriebswirt (FH) an der Fachhochschule Ludwigshafen und einer kaufmännischen Berufsausbildung war er von 1988 bis 2001 leitender Angestellter und Geschäftsführer bei der D. Meyer Rohrleitungsbau GmbH. Von 2001 bis 2006 war er als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westpfalz und danach der Kreishandwerkerschaft Westpfalz und Kaiserslautern tätig. 2006 wurde er Geschäftsführer und von 2008 bis 2018 Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz. Dem schloss sich die Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz an. Seit 2018 ist Hellrich Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz.

Foto: HwK Koblenz/Fotostudio Reuther

 

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