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Oktober 27, 2023 4 min lesen.
2021 hat Jungbluth Nutzfahrzeuge mit der Umstellung auf Elektro-Lkw begonnen. Heute hat das Unternehmen aus Plaidt und Ransbach-Baumbach 20 E-Trucks als Zweiachser und Dreiachser inklusive Servicepaket in der Vermietung.
Plaidt Die EU verzeichnete 2022 einen starken Anstieg der Verkäufe von elektrisch aufladbaren Lkw (plus 32,8 Prozent, das entspricht 1656 Einheiten). Die Hälfte davon wurden in Deutschland zugelassen. Trotzdem beträgt der Anteil an der Gesamtzahl der EU-Neuzulassungen verschwindend geringe 0,6 Prozent. Die Firmengruppe Jungbluth Nutzfahrzeuge setzt trotzdem jetzt schon auf diese Fahrzeuge und hat bisher gut 20 E-Trucks an Kunden vermietet.
Die Wirkung ist immer die gleiche. Wer bei der Firma Jungbluth Nutzfahrzeuge in Plaidt oder Ransbach- Baumbach in einen elektrisch aufladbaren Lkw einsteigt und eine Runde dreht, kehrt mit strahlenden Augen und einem entspannten Lächeln wieder auf den Hof zurück. „Das ist ein Wow-Effekt, den muss man ‚er-fahren‘“, sagt Michael Brenner, Geschäftsführer und Leiter Vertrieb. „Die Fahrzeuge sind unglaublich leise. Alles, was man hört, sind die Abrollgeräusche der Reifen. Und wir sprechen hier von 40-Tonnern.“
Das Familienunternehmen Jungbluth ist seit 1983 Vertragspartner von Volvo Trucks Deutschland und hat mit dem Konzern mutig umgeplant. Seit 2018 treibt Volvo das Geschäftsgebiet E-Trucks konsequent voran. Benjamin Schiebler, Manager Electromobility der Volvo Group Trucks Central Europe GmbH, erklärt: „Der vollelektrische Lkw ist, anders als die Elektroautos, noch nicht in den Köpfen der Menschen angekommen. Ganz einfach deshalb, weil bisher nur sehr wenige Hersteller damit in Serie gegangen sind und die Fahrzeuge im Straßenbild derzeit noch sehr selten sind.“ Der Kaufpreis einer vollelektrischen Zugmaschine liegt momentan noch gut drei Mal höher als für einen traditionellen, dieselbetriebenen Verbrenner. Und die zwar lukrativen, aber in der Bearbeitung lange dauernden Förderprogramme KsN (Klimaschonende Nutzfahrzeuge) und KsNI (Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur) des Bundesamts für Logistik und Mobilität für E-Trucks schrecken Unternehmen beim Anschaffungsprozess zusätzlich ab. „Das nehmen wir unseren Kunden weitgehend ab. Vor zwei Jahren haben wir die Umstellung auf Elektro- Lkw begonnen. Heute haben wir 20 E-Trucks als Zweiachser und Dreiachser inklusive Servicepaket in der Vermietung und machen sehr positive Erfahrungen“, sagt Brenner. Der Mietzeitraum beträgt 48 Monate. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, den Lkw zurückzugeben oder zu kaufen. Geht das Fahrzeug zurück, wird es von Jungbluth entweder weitervermietet oder verkauft. Einen funktionierenden Zweitmarkt wie für Diesel-Lkw gibt es allerdings noch nicht. Dafür ist die E-Truck-Entwicklung noch zu jung.
Volvo Elektro-Lkw werden in vier Werken gebaut – drei in Europa und eines in den USA. Im September 2023 hat Volvo Trucks das Volumen aufgestockt und die Serienproduktion batteriebetriebener Zugmaschinen im neuen belgischen Werk in Gent gestartet. Bisher verzeichnete Volvo Trucks Bestellungen, einschließlich Kaufabsichtserklärungen, für rund 6000 Elektro-Lkw in 42 Ländern auf sechs Kontinenten.
Dass sich die Elektro-Lkw noch nicht erfolgreicher durchgesetzt haben, begründet Volvo-Manager Schiebler mit einer Mischung aus Unsicherheit, Fehlinformationen und ungenügenden Rahmenbedingungen. „Wir sehen uns einer Gleichzeitigkeit von Themen gegenüber, die Verwirrung stiftet. Beispielsweise die Diskussion, ob Elektro, Wasserstoff oder doch eher E-Fuels die Lkw-Antriebsmittel der Zukunft sein werden.“ Gleiches gelte für die öffentlichen Erörterungen über die vermeintlich defizitäre Ladeinfrastruktur oder die mangelnde Haltbarkeit der Batterien. „Aber das bringt uns nicht vom Weg ab“, sagt Schiebler. Lkw können auch die Ladesäulen für Pkw nutzen und davon gibt es laut Ladesäulenregister der Bundesregierung bundesweit mittlerweile 70.000. Die Differenz zur Anzahl der klassischen Zapfsäulen an Tankstellen ist gering. Es sind 90.000. Das größere Hindernis, so Schiebler, seien die baulichen Gegebenheiten. „Ladestationen sind in der Regel für Pkw gebaut. Sie kennen E-Trucks noch nicht. Überdachungen sind zu niedrig, es gibt keine Wendemöglichkeiten oder der Untergrund ist für einen 40-Tonner nicht befahrbar.“ Ein Joint Venture aus Volvo, MAN und Daimler will spezielle Ladestationen für Lkw an Autobahnknotenpunkten errichten – mit einem neuen Steckersystem, das eine höhere Ladeleistung für die E-Trucks ermöglicht.
Michael Brenner ist der festen Überzeugung, dass sich der Trend zum E-Truck weiter durchsetzen wird. „Das erste Handy in den 1980er Jahren wurde auch belächelt. Zu teuer, klobig und was kann das schon, hieß es“, sagt der Vertriebsleiter von Jungbluth Nutzfahrzeuge. „Heute ist das Handy fester Bestandteil unseres Alltags.“ Und auch technisch sieht Brenner den Elektroantrieb auf Dauer im Vorteil. „Es werden viel weniger bewegliche Teile verbaut als im traditionellen Verbrenner. Kolben oder Kurbelwellen gibt es nicht mehr. Das macht die Lkw deutlich weniger reparatur- und verschleißanfällig und gleichzeitig wartungsfreundlicher.“ Die Batterie ist im Übrigen zu sehr großen Teilen recyclebar, wenn sie ihre Leistungskraft verloren hat. Jungbluth gibt im Rahmen eines Servicevertrags ein Garantieversprechen auf den Erhalt der Mindestladeleistung der Batterie von bis zu 10 Jahren. Fünf Jahre nach Beginn der kommerziellen Markteinführung der E-Trucks von Volvo meint Schiebler: „Wir stehen noch am Anfang. Aber die E-Trucks werden ihren Weg machen.“ Dann wird das Summen der Stromer das Brummen der Brummis nach und nach ersetzen.
Zur Person
Michael Brennerwurde 1970 in Bad Marienberg geboren. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Fachabiturs Wirtschaft/Verwaltung im Jahr 1989 verpflichtete sich Brenner als Zeitsoldat bis 1997. Nach einem weiteren Abschluss als staatlich geprüfter Handelsbetriebswirt war er von 1999 bis 2001 Verkaufsberater bei Scania und wurde dann Verkaufsberater bei Jungbluth Nutzfahrzeuge. Im Jahr 2018 erfolgte dann seine Berufung zum Geschäftsführer Jungbluth Nutzfahrzeuge Vertriebs GmbH. Brenner ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Benjamin Schieblerist verantwortlich für den Fachbereich Elektromobilität beim schwedischen Lkw-Hersteller Volvo Trucks. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen verantwortet er den Kompetenztransfer für alle die Elektromobilität betreffenden Themengebiete im deutschen Vertriebsnetz von Volvo Trucks. Er befasst sich außerdem mit der übergeordneten Fragestellung, welche alternativen Antriebe im Nutzfahrzeugbereich unter welchen Bedingungen sinnvoll sein können – und welche nicht. Schiebler arbeitet seit 2010 für Volvo Trucks und seit 2020 im Fachbereich Elektromobilität. Davor war er in den Fachbereichen Telematik, Fahrzeugferndiagnose, Wartungsplanung und Ersatzteilwesen tätig.
Zum Unternehmen
Gegründet:1970 durch Reinhold Jungbluth in Plaidt
Standorte:Plaidt und Ransbach-Baumbach
Geschäftsleitung:Toni und Volker Jungbluth (Jungbluth Nutzfahrzeuge), Michael Brenner (Jungbluth Nutzfahrzeuge Vertriebs GmbH)
Kernkompetenzen:Verkauf, Vermietung und Reparatur von Volvo- und Renault-Trucks
Mitarbeitende:etwa 100
Umsatz (gesamt 2022):18,2 Millionen Euro durch die Service & Miet GmbH, 38,8 Millionen Euro durch die Vertriebs GmbH.
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