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August 25, 2023 6 min lesen.
Die Wasserstoffdrohne „Air Barrow Fuel Cell“ (ABFC) hat eine Spannweite von 2,99 Meter und eine Rumpflänge von 1,50 Meter. Stolz sind darauf nicht nur Ingenieur Mostafa Abdelshafy (Mitte), Lothar Teuchler (links) und Merna Mostafali (rechts), sondern auch Geschäftsleitung und Förderer.
Koblenz Europäisches Projekt: AeroDCS baut „Air Barrow Fuel Cell“ und fliegt mit dem senkrechtstartenden Flugkörper erfolgreiche Tests. Die Einsatzfelder sind vielfältig. Grüner Wasserstoff ist aber noch knapp.
Wasserstoff ist der Treibstoff der Zukunft. Egal, ob in unterirdischen Leitungen, wo er Gas verdrängt, oder in der Luft, wie jetzt das Koblenzer Unternehmen AeroDCS unter Beweis stellt. Gegründet wurde das Koblenzer Start-up im Jahr 2019 von drei ausgewiesenen Flugenthusiasten mit wissenschaftlichem Background: von Axel König (CSO), Dr. Hans-Peter Thamm (CTO) und Ralf Hoffmann (CFO). Schnell erhielten sie Forschungsaufträge namhafter technischer Hochschulen und von öffentlichen Trägern. Ihr Spezialgebiet sind professionelle Luftaufnahmen, die digital analysiert und die Daten mittels innovativer Verfahren aufbereitet werden. „Wichtig ist uns, dass die Daten automatisiert in die Kundenprozesse passen. Hierzu erstellen wir zunächst eine Methodenanalyse, die unseren Kunden präzise darlegt, welche Ergebnisse sie von der Fernerkundung zu erwarten haben“, erläutert Geschäftsführer Ralf Hoffmann.
Luftbilder werden benötigt bei der Überprüfung von Gaspipelines, beim Borkenkäferbefall im Wald, bei Erosion, bei Rissen im Gestein wie bei der Loreley, bei Katastrophen wie im Ahrtal oder auch, um den Gesundheitszustand von Reben im Rahmen des Projektes „Smarter Weinberg“ zu erkennen. „Bei etwa zwei Drittel unserer Aufträge handelt es sich um Forschungsaufträge, ein Drittel kommt vom Markt“, schildert Hoffmann.
Normalerweise werden die AeroDCS- Drohnen, wie bei diesen Flugkörpern üblich, mit einem Akku angetrieben. Großes Manko: Er hält nur etwa 30 Minuten und bietet damit eine sehr begrenzte Reichweite. Da es keine bessere Lösung auf dem Markt gab, startete das Unternehmen im Februar 2021 selbst die Entwicklung einer Wasserstoffdrohne. „Ein Gramm Wasserstoff enthält 165-mal mehr Energie, als man in einem Gramm Akku speichern kann“, sagt Dieter Novotny, Projektmanager der Wasserstoffdrohne mit dem Namen „Air Barrow Fuel Cell“ (ABFC).
Von der Idee bis zur Marktreife überwindet das Koblenzer Startup zahlreiche Hindernisse: Dass die Idee funktionieren kann, bewies Projektingenieurin Birgit Hoffmann-Hausdorf in einer Studie vor Projektbeginn: Die unterschiedlichsten Fragen zur Brennstoffzelle und dem Umgang damit wurden untersucht. Da theoretisch machbar, tüftelten die Beschäftigten an dem einzigartigen Flugkörper. Praktisch musste das Team aber fünf Wochen warten, bis eine kleine Menge Wasserstoff Koblenz erreichte: „Die Versorgung mit Wasserstoff ist im Aufbaustadium. Es gibt lediglich zwei große Gaslieferanten, die in Frage kommen. Aber da wir so kleine Mengen benötigen, haben wir nicht immer die erste Priorität. Leider bekommen wir bislang auch nur grauen Wasserstoff, keinen grünen aus nachhaltiger Produktion“, erinnert sich Hoffmann an die Anfänge.
Flotter ging es bei den anderen Komponenten, die aus ganz Europa stammen: der Druckzylinder aus Italien, die Brennstoffzelle aus England – eine Herausforderung nach dem Brexit. Die Schläuche bezieht das Start-up aus Polen und das Flugobjekt selbst aus Deutschland. Die Striekair Engineering GmbH aus Gütersloh um CEO Thomas Strieker habe maßgeblich am Bau der neuartigen Drohne mitgewirkt.
Die Wasserstoff-Drohne hat eine Spannweite von 2,99 Meter und eine Rumpflänge von 1,50 Meter. Mit einer Reichweite von rund 700 Kilometern, einer Laufzeit von bis zu acht Stunden und einer Geschwindigkeit zwischen 70 und 120 Stundenkilometern leistet die wasserstoffbetriebene Drohne mehr als das Dreifache der alten Akku-Drohne. Das neuartige Fluggerät kann senkrecht starten, was es zu einer multifunktionalen Vermessungs-, Kontroll- und Transportdrohne macht. Die Entwickler von AeroDCS prüften die Systemkomponenten in einer speziellen, selbstentwickelten Testeinrichtung sechs Monate lang. Dabei wurden extreme Bedingungen für den Flugkörper simuliert, bevor die ersten Flüge im Freien erfolgten. Im Juni ging es dann in die Praxis: „In der Theorie funktioniert alles, umso spannender ist der Praxistest“, fieberte Hoffmann dem großen Tag entgegen. Das Wetter passte, eine grüne Wiese in Verl (Kreis Gütersloh) in der Nähe von Striekair diente als Testfläche für diesen technischen Erstflug. „Die schwierigste Phase im Flug ist das Abheben und das Hovern (Balance halten). Dabei wird die höchste Leistung gefordert. Die Brennstoffzelle muss acht Kilowatt Leistung liefern, um das 25 Kilo schwere Gerät in die Luft zu heben“, erläutert der Geschäftsführer. Später, im Vorwärtsflug, würden nur noch 900 Watt benötigt. Von daher seien das erfolgreiche Abheben und das Wissen um das energetische Verhalten die wichtigsten Zwischenschritte in der Entwicklung.
Großes Aufatmen bei den Entwicklern, der Test ist gelungen: 40 Sekunden war die Wasserstoffdrohne in der Luft. Bis zum Herbst werden die gewonnenen 25 000 Messwerte ausgewertet. Dann ist die ABFC einsatzbereit.
„Aufgrund der großen Reichweite und langen Flugzeit ist der Einsatz in Katastrophengebieten nach Erdbeben, Fluten oder Lawinen besonders sinnvoll. Die Drohne kann innerhalb kurzer Zeit für ein Mobilfunknetz und damit für Kommunikation zwischen Bürgern und Einsatzkräften sorgen“, beschreibt Novotny. Das Kommunikationssignal werde mithilfe der Drohne flexibel an den Einsatzort gebracht; hügeliges Gelände, tiefe Schluchten oder geflutete Gebiete stellten kein Hindernis dar. Bei acht Stunden Flugdauer könnten zwei Flugträger ein großes Gebiet permanent mit breitbandiger Kommunikation versorgen. Die Versorgung mit Medikamenten oder Personensuche über Handyortung seien ebenso möglich wie die Sofortkartierung von Schäden.
Neben dem Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz, das diese Innovation mit 340 000 Euro fördert, hat das Institut für Beratung, Finanz- und Unternehmensdienstleistungen (BFU) als Hauptgesellschafter das Projekt vorfinanziert.
Nicht nur im Katastrophenfall, auch im Alltagsgeschäft wird der Antrieb mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen die Arbeit erleichtern. Die „Air Barrow Fuel Cell“ sei beispielsweise ideal bei der Kontrolle von Pipelines, blickt Ralf Hoffmann in die Zukunft: „Im Zuge der Anpassung des Energiesystems an die Erfordernisse der Energiewende wird man Zug um Zug bis 2045 Erdgas aus den Pipelines verdrängen und durch Wasserstoff ersetzen. Alle zwei Wochen die optische Kontrolle der Leitungen mit fossil angetrieben Hubschraubern durchzuführen, ist spätestens dann aus der Zeit. Deshalb entwickeln wir heute bereits Drohnen, die mit dem gleichen Wasserstoff betrieben werden, der in den Pipelines fließt, und ermöglichen damit den Schutz der Infrastruktur auf nachhaltige Weise.“
Video und Blogbeitrag zum Erstflug.
Mit einem Innovationszuschuss in Höhe von 340 000 Euro unterstützt das Land Rheinland-Pfalz das Koblenzer Unternehmen AeroDCS bei der Entwicklung der „Air Barrow Fuel Cell“ (ABFC). „Rheinland-Pfalz hat sich zum Ziel gesetzt, ab dem Jahr 2030 eine bilanzielle Stromdeckung durch 100 Prozent erneuerbarer Energien zu erreichen. Dabei ist Wasserstoff einer der zukünftigen Energieträger, da es flexibel eingesetzt werden kann und leicht transportierbar ist“, sagt Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). „Grundlage für den Erfolg wird es sein, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben und Forschungsvorhaben wie das der AeroDCS zu unterstützen“, begründet sie die Förderung.
Die Fördermittel stammen aus dem Technologieförderprogramm InnoTop des Wirtschaftsministeriums, kofinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Als Förderbank des Landes setzt die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) das Programm InnoTop um.
Hauptgesellschafter ist das Institut für Beratung, Finanz- und Unternehmensdienstleistungen (BFU). Es ist ein Beteiligungsunternehmen in der Form eines Family Office, das sich auf nachhaltige, wegweisende Projekte und Dienstleistungen spezialisiert hat. Die Aktiengesellschaft begleitet Beteiligungen aktiv und über einen längeren Zeitraum. Dabei bietet das BFU auch nachhaltige Management-Leistungen an.
Weitere Information: www.bfu.de
Name: AeroDCS GmbH
Gegründet: 2019
Gründer und Geschäftsführer: Axel König (CSO), Dr. Hans-Peter Thamm (CTO), Ralf Hoffmann (CFO)
Sitz: Koblenz
Mitarbeitende: 15
Kernkompetenz: Fernerkundung mit einer skalierten Palette von Flugträgern. AeroDCS bietet eine vertikal vollintegrierte Wertschöpfungskette. In der Analyse von digitalen Fernerkundungsdaten kommen eine Vielzahl von Methoden und Verfahren wie Mustererkennung, Merkmalsextraktion, Regressionsanalysen, Texturanalysen oder künstliche neuronale Netze zur Anwendung.
Weitere Information: www.aerodcs.com
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